Von der Unterkunft bei der Verwandtschaft aus hatte ich noch die Möglichkeit für eine halbtägige "Spritztour".
Natürlich mit Zielen mit Sissi-Bezug! War das während des Urlaubsaufenthaltes von mir doch sträflich vernachlässigt worden!
Ich weiß nicht mehr wo ich die Info gelesen oder gehört hatte. Jedenfalls stand in meinen Notizen:
"Szigetújfalu, Szőlő utca 9, Holzrelief auf einer Baumscheibe am Haus".
Das wollte ich überprüfen und machte mich auf den Weg zur Csepelinsel. Das ist eine relativ große Insel südlich von Budapest, die durch einen Seitenarm der Donau vom Festland abgetrennt ist. Darauf ist der Ort Szigetújfalu (Inselneudorf) zu finden.
Ich fand das Dorf und das alte Bauernhaus in der Szőlő utca (Traubenstraße).
Das Häuschen macht einen gepflegten Eindruck, und der Besitzer lackierte gerade den Holzzaun.
Aber so sehr ich auch schaute, es war keine Baumscheibe mit Holzrelief zu sehen.
Als ich schon einige Zeit vor dem Haus rumgeschlichen war, kam der Besitzer mit dem Pinsel in der Hand, und ich fragte ihn ob er deutsch verstehe. Er schüttelte den Kopf und rief seine Frau herbei. Auf die Frage nach dem Relief erzählte sie mir die Geschichte dazu.
"Nein, die Holzscheibe mit dem Relief der Königin ist nicht hier, aber mein Mann hat sie gemacht. Sie hängt in einer Schule im benachbarten Ráckeve.
Vor über 20 Jahren musste im Schlossgarten von Ráckeve ein Schwarznussbaum gefällt werden. Der Volksmund erzählt, dass Königin Elisabeth des öfteren von Budapest oder Gödöllő aus das Schloss in Ráckeve besuchte und dabei gerne unter diesem Baum rastete. (Das Schloss wurde von Prinz Eugen von Savoyen erbaut, einem großen österreichischen Feldherrn.) Als man den angeblichen Lieblingsbaum der Königin fällte, stellte man meinem Mann, dem Holzbildhauer Ferenc Nemes, eine Scheibe aus dem Stamm der Schwarznuss zur Verfügung. Er schnitzte aus dem Holz ein Büstenrelief. Dieses Relief wurde dann im Ady Endre Gymnasium in Ráckeve aufgehängt."
So erfuhr ich nicht nur den Standort des Reliefs, sondern auch einige Hintergründe.
Bevor ich meine Fahrt nach Ráckeve fortsetzte, durfte ich noch die Kunstausstellung im Bauernhaus besichtigen.
In Ráckeve kam ich am Schloss vorbei wo der Schwarznussbaum weichen musste.
Die Tore waren verschlossen und das Gelände wirkte unbewohnt. Kein Hotel, wie ein Schild versprach.
Ich habe nachgelesen. Es soll noch in diesem Jahr mit der Renovierung und dem Umbau begonnen werden. Es soll ein Wellnesshotel, ein Restaurant, ein Café und ein Museum im Schloss von Prinz Eugen untergebracht werden.
Nicht weit entfernt vom Schloss steht das "Ady Endre Gimnázium". Endre (Andreas) Ady war ein ungarischer Dichter.
Wie in Ungarn üblich saß im Foyer eine Empfangsdame. Leider verstand sie kein deutsch, wusste sich aber zu helfen. Sie holte einfach eine der Lehrerinnen aus dem Unterricht mit der ich mich unterhalten konnte. Die erklärte der Empfangsdame meinen Wunsch und diese führte mich in ein Nebengebäude wo in einem Flur die Schwarznussbaumscheibe mit dem geschnitzten Relief der Königin Elisabeth hängt.
Höchst zufrieden verließ ich das Gymnasium und fuhr in das Zentrum von Pest.
Darüber berichte ich im nächsten Beitrag.
Liebe Grüße von waldi