Auf meiner Suche nach Nepomuks kam ich auch in die Wallfahrtskirche - auch Gnadenkapelle genannt - in Dieburg im südhessischen Odenwald.
Eine erste urkundliche Erwähnung des Vorhandenseins einer romanischen Basilika lässt sich für 836 feststellen. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts fand ein Um- oder Neubau des Langhauses zu einer dreischiffigen Pfeilerbasilika statt die durch einen Brand 1216 zerstört wurde. An der Stelle des Glockenturmes wurde eine Marienkapelle erbaut, welche 1232 geweiht wurde.
Es ist zwar nicht überliefert, doch anzunehmen, dass in dieser Kapelle bereits ein Muttergottesbild verehrt wurde. Dafür spricht, dass ein Benefizium in der Absicht gestiftet wurde, "den Gottesdienst in der Kapelle der glorreichen Jungfrau und Gottesmutter Maria durch feierliche Abhaltung von heiligen Messen zu pflegen und zu mehren".
In der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde die Kirche wieder aufgebaut und den Hl. Aposteln St. Peter und Paul geweiht, Sie war bis 1569 die Pfarrkirche der Stadt Dieburg. Sie gehört auch heute noch zur Dieburger Pfarrei St. Peter und Paul. Im Zuge weiterer Um- und Ausbauten musste 1697 die Marienkapelle weichen. Auch danach wurde die Kirche noch äußerlich und innen verändert.
1921 wurde an der Nordwand der ehemaligen Sakristei ein Außenaltar mit Kreuzigungsgruppe auf einer Plattform errichtet der später überdacht wurde.
Die Außenkanzel ist über die alte Sakristei erreichbar.
Daneben steht eine Sandsteinkopie der Pieta die wir noch am Hochaltar sehen werden.
Weil das Gelände früher ein Friedhof war findet man noch einige Steinkreuze und auch dieses fürstliche Grab an der Kirchenmauer.
Ein Zweig der Freiherren von Fechenbach zu Laudenbach lebte im Fechenbacher Schloss in Dieburg, das von der Familie Ulner erbaut wurde, von der wir noch in der Kirche hören.
Neben dem Haupteingang zur Kirche wird ein Kreuz in einer Nische von zwei zwei Marmortafeln flankiert.
Auf der linken Tafel zeigt ein Relief zwei Figuren. Ich vermute, dass es sich um die ehemaligen Kichenpatrone Peter und Paul handelt.
Auf der rechten Tafel lesen wir die Verse 31 bis 40 aus Kapitel 25 des Evangeliums von Matthäus.
Die Marienfigur aus Sandstein über dem Haupteingang wurde um 1390 gefertigt.
Die Kirche besitzt heute innen einen T-förmigen Grundriss. Äußerlich wird durch durch den westlich angebauten Glockenturm ein Kreuz.
Der Haupteingang befindet sich etwa in der Mitte der südlichen Langhauswand; erkennbar durch den Pfad der vom Durchbruch in der Kirchhofmauer zum Eingang führt..
Leider waren die Lichtverhältnisse in der Kirche so miserabel, dass ich mit dem Handy kaum brauchbare Bilder anbieten konnte. Auch beim zweiten Besuch mit einer lichtstärkeren Brigdekamera war es schwierig. Ich hoffe, dass ich trotzdem einen akzeptablen Eindruck dieser Kirche vermitteln kann.
Das einschiffige Langhaus setzt sich aus zwei Jochen im Langhaus und drei Jochen im, um eine Stufe erhöhten, ehemaligen gotischen Chor zusammen.
Ein Blick zur Decke.
An seinem östlichen Ende steht heute der Ulneraltar in einem halben Sechseck.
Der Altar ist eine Kombination von Epitaph und Altar. Im Sockel stehen die Daten der Mitglieder der Familie Ulner, einer alten Dieburger Adelsfamilie die das Ulner-Schloss – heute Fechenbacher Schloss - erbaut hat, aber 1771 ausgestorben ist.
Die Altarkrone zeigt unter einer Figur im Bischofsornat das Wappen der Stifterfamilie Ulner.
Zwischen zwei Säulen aus rotem Lahnmarmor ist ein Alabasterrelief eingefügt das die Geburt Christi zeigt.
Deshalb wird dieser Altar im Volksmund auch Krippschesaltar (Krippenaltar) genannt.
Zu beiden Seiten des Reliefs knien unter weiteren Wappen die vollplastischen Figuren der Stifter.
In den Fensternischen sind noch Reste der ursprünglichen Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert zu sehen. Dargestellt sind die Hl. Katharina und die Hl. Barbara.
Welche der beiden Heiligen ich fotografiert habe weiß ich nicht.
Im ehemaligen Chor hängen Gemälde mit dem Motiv der Himmelfahrt Marias.
Wo der Chor ins Kirchenschiff übergeht hängen die Statuen von Marias Eltern Joachim und Anna.
Gegenüber vom Ulneraltar, in der Mitte des Querhauses an der Wand zum Glockenturm steht der Hochaltar.
Der Hochaltar wurde 1749 vom Mainzer Erzbischof Johann Friedrich Karl von Ostein gestiftet.
Weil die Pieta angestrahlt wird verschwindet auf den Fotos das Drumherum im Dunkel. Nur mit Mühe konnte ich es wenigstens erkennbar machen.
Im Mittelpunkt steht die Pieta die seit dem 15. Jahrhundert das Ziel von Wallfahrten ist.
Das heutige Gnadenbild, nach Auffassung von Kunstsachverständigen "eine der hervorragendsten Pietadarstellungen, die es gibt", wurde etwa um 1420 von einem unbekannten Meister geschaffen und 1491 vom Mainzer Weihbischof Erhard von Redwitz geweiht. Es hatte in der Muttergotteskapelle seinen ersten Standort. Später wurde es in die neu erbaute und erweiterte Kirche überführt.
Das Besondere an dieser Pieta ist das Material aus dem sie gefertigt ist. Sie besteht aus gegerbtem Leder mit Mörtelauftrag und Leinwandschichten und ist hohl. Nur Arme und Beine des Christus sind aus Holz.
Wegen diesem Gnadenbild wird die Wallfahrtskirche auch Gnadenkapelle genannt.
Über der Pieta ist der springende Windhund derer von Ostein in einem Medaillon zu sehen.
Im Lambrequin teilen Putti den Vorhang des Baldachins, und zwei davon halten die Kurfürstenkrone.
Die Pieta wird von zwei Statuen flankiert deren Identität nicht klar ist.
Ganz rechts außen steht der hl. Nikolaus.
Links außen fristet der hl. Johannes Nepomuk sein Dasein im Schatten einer Marmorsäule.
Nikolaus und Nepomuk stammen vermutlich von dem Mainzer Bildhauer Johann Jakob Juncker der 1786 gestorben ist.
Links vom Hauptaltar steht der Laurentiusaltar.
Das Altarblatt zeigt die Verklärung des hl. Laurentius.
Im Medaillon über dem Altar symbolisiert das Osterlamm die Wiederauferstehung über dem auf einem Gitterrost verbrennenden Laurentius.
Eine Statue des Laurentius hängt an der Wand des Querhauses.
In der Rotunde am Ende des südlichen Armes des Querschiffs steht der Josefsaltar.
Im Mittelpunkt des von je zwei Rundsäulen flankierten Altars steht in einer goldgerahmten Nische das Jesuskind auf dem Oberschenkel des hl. Josef.
Im Medaillon darüber zeigt ein Ölgemälde die Geburt Marias.
Rechts vom Josefsaltar hängt eine Statue vom hl. Antonius von Padua an der Kirchenwand.
Auf der anderen Seite sehen wir die Figur des Ecce Homo, des gefolterten, in purpurnes Gewand gekleideten und mit einer Dornenkrone gekrönten Gefangenen Jesus von Nazaret, so wie ihn nach dem Johannesevangelium Pontius Pilatus dem Volk gezeigt haben soll.
Rechts vom Hochaltar steht der Antoniusaltar.
Das Medaillon zeigt die Krönung Marias. Davon habe ich aber kein brauchbares Foto.
Im nördlichen Arm des Querhauses trägt die Empore die neue Orgel aus 2013.
An der nördlichen Ecke von Lang- und Querhaus hat die Kanzel ihren Platz.
Der Schalldeckel wird von einer vergoldeten Christusfigur in Gestalt des Guten Hirten gekrönt, was auf meinen Bildern kaum erkennbar ist.
Den Kanzelkorpus zieren die vier Evangelisten mit einer Immaculata in der Mitte.
In der Kirche stehen auch ein paar Epitaphe. Einer davon gedenkt Franz Joseph Martin Freiherr von Albini, ab 1770 fürstbischöflich würzburgischer Hof- und Regierungsrat, ab 1775 am Reichskammergericht tätig und 1787 von dem Mainzer Kurfürsten Karl Friedrich von Erthal als Geheimer Reichsreferendar nach Wien entsandt. Ab 1792 bekleidete er sämtliche Mainzer Ministerien, und als Directorialwahlbotschafter leitete er die letzte deutsche Kaiserwahl (Kaiser Joseph II, HRR (Sohn von Maria Theresia)).
1815 trat er in österreichische Dienste. Vom Kaiser ( jetzt Franz I. von Österreich ) und Metternich begünstigt, sollte er als erster Gesandter Österreichs die Präsidialmacht am Bundestag vertreten, starb aber noch vor Eröffnung der Bundesversammlung.
Eine Tochter folgte ihm bald.
Erst beim Bearbeiten meiner Fotos bemerkte ich die verdächtige Haltung dieses Heiligen.
Der Brückensturz in der Konsole der Figur bestätigte meinen Verdacht.
Es gibt also auch in der Dieburger Wallfahrtskirche zwei Nepomuks.
Die beiden Nepomuks werden umgehend auch im entsprechenden Bereich auftauchen.
Liebe Grüße von waldi