An einem sonnigen und warmen Novembertag haben wir eine Wanderung durch das Moor bei Bad Bayersoien unternommen. Der Ort liegt im Landkreis Garmisch-Partenkirchen etwa eine Stunde von uns entfernt.
Los ging es im Zentrum am Dorfbrunnen.
Die Wege rund um diesen Ort sind gut beschildert.
Über mehrere Kilometer folgen wir dem Faurermoosbach.
Die Wege sind meist befestigt.
Nach einer guten Stunde haben wir einen gemütlichen Platz für die Brotzeit gefunden.
Über Generationen hinweg hat man hier auch Torf gestochen. Der Torf diente natürlich in erster Linie zum heizen. Auch heute wird noch Torf abgebaut. Allerdings nimmt man den heute für Moorbäder zu medizinischen Zwecken. Das verwendete Moorbad wird anschließend wieder der Natur zurückgegeben.
Neue Obstbäume setzt man auch. Dabei verwendet man alte Sorten. Der wirtschaftliche Wert des Obsts ist jedoch gering. Es geht um die ökologische Vielfalt.
Die Tafel erklärt was hier so kreucht und fleucht.
Schließlich nähern wir uns wieder dem Ort.
In solchen Bottichen wurde einst das Moorbad für die Patienten angerichtet. Heute dient dieses Ding als Blumenkübel.
Nun kommen wir zu einer Einrichtung die es nur hier gibt. Das nennt sich Sonnenuhrenpark. Zurückzuführen ist das Ganze auf Steinmetz Karl Kunert aus Bad Bayersoien der in den 1970er Jahren den Freiburger Steinmetz Adolf Peitz kennengelernt hat. Im Winter 2008 begann Kunert dann mit dem Bau seiner Sonnenuhren. Dies deshalb, weil zu diesem Zeitpunkt die Auftragslage nicht sonderlich gut war.
Normalerweise ist eine Sonnenuhr ja möglichst an einer Südwand angebracht. Tatsächlich gibt es aber auch ganz andere Formen. Hier beispielsweise die so genannte Wagenrad Sonnenuhr.
Die Sonnenuhr hat einen Durchmesser von 100 cm und besteht aus Granit. Die Zifferblätter sind parallel zum Äquator angerichtet. Das obere zeigt die mitteleuropäische Sommerzeit MESZ und das untere die mitteleuropäische Zeit im MEZ an. Der Winkel des Breitengrades beträgt am Aufstellungsort exakt 47,7°. Die Stunden Linien sind im Abstand von 15° angeordnet. Aufgrund der unregelmäßigen Drehung der Erde gibt es eine Differenz bei den Minuten und bis zu 15 Minuten.
Auf den ersten Blick sind die Zeichnungen auf dem Sockel ein Buch mit sieben Siegeln. Tatsächlich handelt es sich um eine sogenannte Achterschleife mit Monats- und Tagesangaben, die den unregelmäßigen Gang der Sonne für den Zeitraum eines Jahres anzeigt.
Im vorigen Bild sieht man eine Lochscheibe, die einen Schatten wirft. In der Mitte dieser Scheibe fallen die Sonnenstrahlen durch das Loch und zeigen einen hellen Lichtpunkt. Je nachdem, wo er auf die Achterschleife trifft, muss man die angegebene Minutenzahl von der durch eine Sonnenuhr angezeigten Uhrzeit abziehen oder dazu zählen, außer bei der Walzen Sonnenuhr. So erhält man die genaue MEZ oder MESZ. Wenn der Sonnenstrahl durch die Lochscheibe auf die Achterschleife fällt, ist es genau 12:00 Uhr MEZ beziehungsweise während der Sommerzeit 13:00 Uhr MESZ. Genial!
Die Zeitgleichungstabelle auf der Seite dieses Sockels zeigt die gleiche tätige Abweichung in Minuten an wie die Achterschleife.
Schauen wir uns einmal diese seltsame Sonnenuhr an. Auch die ist aus Granit angefertigt. Der Quader misst 61 × 61 cm und ist 107 cm hoch. In den Stein sind insgesamt fünf Zifferblätter eingearbeitet. Eines nach Süden, Osten und Westen sowie ein horizontales und eines parallel zur Erdachse. Sie zeigen die MEZ und die MESZ an und zum Teil zusätzlich Halbstunden, Winter – und Sommersonnenwende und Tag und Nacht-gleiche Linien. Die Zeiger bestehen aus Edelstahl und sind parallel zur Erdachse angeordnet.
Das ist eine so genannte Sonnenspinne. Die hat einen horizontalen Zeiger. Darum ergeben sich auch keine Stundenlinien, sondern Stundenkurven. Beim ablesen der Zeit muss man den Kreis mit dem heutigen Datum bestimmen, am Schnittpunkt von Kreis und Zeigerschatten der Stunden Kurve nach außen folgen. Dann kann man dort die Uhrzeit ablesen.
Um welche Uhrzeit waren wir hier?
Das ist die Hackstock Sonnenuhr. Sie besteht aus einem Holzstamm, der aus Australien stammt und einem Beil aus Metall. Es sieht so aus, als ob jemand sein Beil in den Hackstock geschlagen hätte. Bei näherer Betrachtung erkennt man, dass der Hackstock aus versteinertem Holz ist. Kieselsäure bewirkt bei dem Versteinerungsprozess, dass das Holz nicht mehr verrottet, sondern erhalten bleibt und zu Stein wird. Das Beil dient hier als Zeiger.
Das ist eine Walzen Sonnenuhr. Die hat diesen Namen, weil die Sonnenuhr einen walzenförmigen Zeiger hat. Der Zeiger ist wieder parallel zur Erdachse und liegt in der Nord-Süd-Richtung. Die Länge der Walze berechnet man nach dem Sonnenwinkel zur horizontalen, d.h. vom höchsten Sonnenstand am 21. Juni bis zum tiefsten Sonnenstand am 21. Dezember.
Jetzt wird das Ganze kompliziert. Die Form der Walze ergibt sich aus der Achter Schleife und aus der Zeitgleichungstabelle. Wenn die Abweichung zum Beispiel am 10. November -16 Minuten beträgt, dann muss die Zeigerwalze an dieser Stelle am dünnsten sein. Wenn die Abweichung zum Beispiel am 10. Februar +15 Minuten beträgt, dann muss die Zeigerwalze an dieser Stelle am breitesten sein. Das versteht ja kaum ein Mensch!
Darum zeigt der Zeigerschatten der Walzen Sonnenuhr automatisch sofort die MEZ und die MESZ an, ohne dass man die Minutenangaben aus der Zeitgleichungstabelle dazu zählen beziehungsweise abziehen muss.
Auf dem Zifferblatt sind die Zahlen für die MESZ größer geschrieben und für die MEZ kleiner. Die Uhrzeit für MEZ und für MESZ muss man am rechten Rand des Zeigerschattens ablesen.
Das ist die Globus Sonnenuhr aus schwarzem Granit. Auf dem Globus wurden alle Kontinente und großen Inseln eingraviert. Er steht auf einem 60 cm hohen Granitsockel mit einem Durchmesser von 41 cm. Indem man den Edelstahlbügel so weit dreht, bis der kleinste Schatten entsteht, kann man die MEZ und die MESZ ablesen.
Außerdem zeigt der Globus an, wann am Nord- beziehungsweise am Südpol die Mitternachtssonne zu sehen ist. Ebenso zeigt diese Uhr an, wann Polarnacht herrscht und wo auf die Erde zum aktuellen Zeitpunkt die Sonne auf- beziehungsweise untergeht. Auch die Zeitabstände zwischen zwei Orten, wie zum Beispiel Bad Bayersoien und New York sind ablesbar.
Die Informationen entstammen der Broschüre Sonnenuhrenpark der Gemeinde Bad Bayersoien. Ich finde es eine enorme Leistung, nicht nur diese Kunstwerke millimetergenau zu erschaffen, sondern auch so zu platzieren, dass das Ganze stimmt. Unvorstellbar für mich!
So hat diese eigentlich normale Wanderung durch die schöne Landschaft Oberbayerns einen Abschluss gefunden der nicht zu erwarten war. Wir sind anschließend noch ins Café gegangen und haben diese Tour in Gedanken Revue passieren lassen.
Jürgen