- Ort des Berichtes
- Grünsfeldhausen, Ortsteil von Grünsfeld im Main-Tauber-Kreis, Bezirk Stuttgart
Die St.-Achatius-Kapelle in Grünsfeldhausen
Als ich den Nepomuk in Grünsfeld-Hausen besuchte fiel mir die Kapelle auf der anderen Seite des Grünbachs auf.
Auf der anderen Seite des Baches steht die Achatiuskapelle aus den Jahren um 1200.
Von diesem Heiligen hatte ich bisher nicht gehört, aber ein in der Kapelle ausgelegtes Informationsblatt klärte mich auf. Es handelt sich um Achatius von Armenien, einem der 14 Nothelfer, ein römischer Offizier und christlicher Märtyrer, gestorben auf dem Berg Ararat um 140 n. Chr.. Ich wollte mehr über ihn wissen und stellte fest, dass sich die Quellen im Detail widersprechen. Er soll oft mit Achatius von Byzanz verwechselt werden der etwa 150 Jahre später in Konstantinopel verstarb. Ich denke, dass sich hier die Legenden vermischen und heute keine klare Trennung mehr möglich ist. Diese Vermutung wird von der Internetseite von Vierzehnheiligen bestätigt.
Das Wappen von Grünsfeldhausen stellt ihn so dar.
Die Legende von Achatius von Armenien
Achatius gilt als Anführer der Zehntausend Märtyrer, die zur Zeit von Kaiser Hadrian auf dem Berg Ararat in die Dornen gestürzt wurden. Die im 12. Jahrhundert entstandene Legende erzählt, dass das 9000 Mann starke Heer unter Leitung von Achatius eine Schlacht zu verlieren im Begriff war, bis ihnen Engel vom Himmel erschienen und den Sieg versprachen, wenn sie sich zum Christentum bekehrten. Das geschah so, doch römische Legionäre erhielten nun den Befehl, die vom staatlich verordneten Glauben Abgefallenen mit Dornenästen zu schlagen und sie anschließend zu kreuzigen. Tausend dieser Legionäre ließen sich aber ebenfalls noch taufen und erlitten dann dasselbe Martyrium, so dass schließlich zehntausend um ihres Glaubens willen Ermordete zurückblieben.
Aufgrund älterer Fundamentreste unter dem Fußboden und der Lage am Grünbach vermutet man, dass sich hier in vorchristlicher Zeit ein Quellenheiligtum befunden hat das später als Taufstelle genutzt wurde. Die Kapelle stammt aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Auffällig ist die Architektur eines doppelten Achteckes.
Die Herren von Zimmern und die Herren von Krensheim hatten sich an den Kreuzzügen von Friedrich II. (Barbarossa) und Richard Löwenherz beteiligt. Man vermutet, dass sie sich an ihre Eindrücke von der Grabeskirche in Jerusalem erinnerten, die ebenfalls architektonisch ein Zentralbau ist, und diese Kapelle aus Dankbarkeit über ihre glückliche Heimkehr stifteten.
Ältester Bauteil ist das größere Oktogon. Das kleinere Oktogon und das ebenfalls achteckige Untergeschoss des Glockenturms wurden später angebaut. Die mit Schiefer verkleidete Glockenstube mit spitzem Helm wurde erst 1970/72 aufgesetzt.
Vor der Kirche steht eine barocke Madonnenfigur auf einem achteckigen Pfeiler.
Ein der Jerusalemer Anastasia-Säule nachempfundener achteckiger Pfeiler der bei Ausgrabungen im Hauptraum gefunden wurde, war am Karfreitag 1919 als vermeintlicher Heidenaltar vor die Kirche versetzt und mit einer barocken Madonna bestückt worden. Man erzählt, eine Eibelstädterin habe die fein gearbeitete Steinplastik als Hochzeitsgabe mitgebracht. Der Pfeiler mit einem Durchmesser von über einem Meter war ursprünglich 2,20 Meter hoch und diente vermutlich als Mittelstütze in der Kirche. Die Madonna ist eine Nachbildung der Statue in der Kapelle. Die spätbarocke bekrönte Gottesmutter mit dem Jesuskind auf dem Arm und einem Zepter in der rechten Hand steht mittlerweile vor Witterungseinflüssen geschützt in der Achatiuskapelle.
Eine Treppe führt in eine etwa 4 Meter tiefe Grube in der die Kapelle steht. Warum steht die Kapelle in einem Loch?
Durch Anschwemmungen von Auenlehm hat sich das Gelände um die Kapelle im Laufe der Jahrhunderte um 330 cm erhöht. Spuren alter Eingänge am Gebäude belegen Höhen von 2,30 Meter, 3,10 Meter und 3,50 Meter über dem ehemaligen und heutigen Eingang. Die Talgrunderhöhung ist also in mehreren Stufen vor sich gegangen.
Von 1903-1905 wurde der ursprüngliche Eingang wieder freigelegt.
Im Zuge der Renovierungsmaßnahmen, die in den Jahren 1903 bis 1908 durchgeführt wurden, trug man die Erde wieder ab und legte den ursprünglichen Eingang wieder frei, sodass die Kapelle heute in einer tiefen Senke liegt.
Zur Straße hin musste man mit einer Mauer ein Nachrutschen von Erdmaterial verhindern.
Eine Tafel in der Mauer begründet ihre Existenz.
Für diese beiden Gebilde in der Mauer habe ich keine Erklärung gefunden.
Dann schauen wir mal rein in die Kapelle.
Die kleinen Rund- und Rundbogenfenster lassen nur wenig Licht in die äußerst dunkle Kapelle. Deshalb wird beim Betreten der Kapelle die Madonna automatisch angestrahlt.
Rechts davon führt ein Durchgang in das kleine Oktogon mit einem Altar.
An der Wand hängt ein Gemälde mit dem Kapellenpatron.
Im kleinen Oktogon, dem Altarraum, sind noch die leider beschädigten Deckenmalereien zu erahnen. Sie zählen zu den ältesten in Franken und veranschaulichen in byzantinischer Maltradition ihre religiöse Botschaft.
Ich versuche vergeblich etwas zu erkennen. Eine sitzende Figur in einem Kreis?
Hier hilft mir eine PDF der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg weiter.
"Die Gewölbefelder besitzen über ihrem Wandansatz eine leichte Ausrundung, sodann, nach geradem Aufstieg, erneut eine Krümmung vor ihrem Zusammentreffen im Scheitel. Sie tragen eine fragmentarisch erhaltene Ausmalung aus der Entstehungszeit des Gotteshauses: eine „Majestas Domini", bereichert um fünf weitere Gestalten. Würdevoll thront der erhöhte Christus als Weltenlehrer, von der Mandorla umschlossen. Zu seiner Linken läßt sich der Täufer Johannes, am härenen Kleid kenntlich, identifizieren. Christus zur Rechten steht ein nicht näher bestimmbarer Heiliger mit einem Buch in den Händen. An jede dieser beiden Figuren fügt sich nach Westen eine Engelsgestalt mit gekreuzten Schwingen. Zwischen ihnen gewahrt man, gekrönten Hauptes — leider bis auf dieses fast gänzlich zerstört — eine weibliche Heilige. Sie stellt nach mittelalterlicher Auffassung die Muttergottes, Königin des Himmels, aber zugleich wohl auch die Personifikation der Ecclesia dar.“
In dieser Studie fand ich auch Zeichnungen der Fresken wie sie einst aussahen.
Aus dem kleinen Oktogon blicke ich auf die Orgel gegenüber.
An der Wand hängt diese Figur die den hl. Urban in bäuerlichem Gewand zeigt.
Neben dem Eingang ist diese Tafel in die Wand eingelassen die der Künstler im Stil an die Tafel draußen angleichen wollte.
Der Text ist nicht nur auf dem Bild schwer zu erkennen; es braucht auch etwas Fantasie bei der Deutung!
IM•LAUFE•DER•JAHR-
HUNDERTE•WURDE•
DIESE•KAP•3MAL•AUFGE-
FUELLT+ZULETZT•V•ETWA•
100•JAHREN—DAMALS•
WURDE•DER•ZUGANG•I•D•
NORDOESTL•SEITE•D•KLEI-
NEN•OKTOGONS•EINGE-
BROCHEN—I•D•JAHREN•
1904-1906•WURDE•DIE•
KAP•AUF•KOSTEN•D•BAD•
STAATES•D D•GR•KONS•
D•OEFF•BAUDEBKMALE•
BIS•AUF•D•URSPRUENGL•BO-
DEN•AUSGEGRABEN —HER-
GESTELLT•UND•D•PORTAL•
AN•D•ALTEN•STELLE•
WIEDER•EINGESETZT
Die vielen Abkürzungen machen es mir nicht einfach und der Sinn von •D D•GR•KONS• erschließt sich mir überhaupt nicht.
Zum Abschluss entdeckte ich noch eine Markierumg am Bogen des Durchgangs zum kleinen Oktogon.
So hoch stand das Wasser 1911!
Diese Kapelle ist wirklich ein Kleinod und sehenswert!
Liebe Grüße von waldi