Leider ohne eigene Bilder, da nur Papierbilder vorhanden und das Einscannen äusserst mühsam - ausserdem kann ich das nicht, sondern es könnte nur meine Frau. Und das will ich ihr nicht zumuten.
2008 habe ich ein äusserst spannendes Buch gelesen:
Pascal Mercier - Nachtzug nach Lissabon
btb - ISBN: 3442734363
Die Handlung:
Ein Berner Gymnasiallehrer gerät durch rätselhafte Unstände an das Buch eines unbekannten portugiesischen Autors, und sein Leben gerät dadurch vollkommen aus den Fugen. Am gleichen Tag verlässt er den Unterricht und am gleichen Abend das Land mit dem Nachtzug, Richtung Lissabon.
In Lissabon wird er allmählich mit dem Leben des -vor über 30 Jahren verstorbenen- Autors konfrontiert und lernt die Menschen kennen, die dieses Leben mit ihm geteilt haben, seine Menschlichkeit, seine Widersprüche, sein Leben in der Salazar-Diktatur und der aufkeimende Widerstand dagegen, an dem er sich beteiligt - das Ende der Diktatur erlebt er nicht mehr, er stirbt in etwa in dem Alter, in dem der Berner Lehrer jetzt ist (und ich -Grizzly- ebenfalls), und die "Nelkenrevolution" von 1974 wird nur als das, was sie inzwischen auch ist, nämlich als historisches Ereignis, gestreift.
Das Buch erinnert mich an meine vier Reisen nach Portugal (1977, 1979, 1986, 1997) und an meinen Freund Wolfgang, der nicht mehr lebt, der dieses Land geliebt und dort die meiste Zeit seines Lebens verbracht hat.
Und an die Hoffnungen -und Illusionen- die wir uns in den 70ern hinsichtlich der Möglichkeiten diesen revolutionären Bewegung auch für uns gemacht haben, und was davon übrig geblieben ist - Erinnerungen, die mir keiner mehr wegnimmt.
Ohne diese Historie hätte ich die strapaziöse Reise dorthin nicht angetreten -
1977 zu viert in einem VW-Käfer, am ersten Tag von Heidelberg bis Limoges (westlich von Lyon), am zweiten bis Valladolid in Nordspanien, beide Male unter freiem Himmel im Schlafsack nächtigend, am dritten Tag ging 200 km vor Lissabon der Dachgepäckträger kaputt, auf dem wir unsere Rucksäcke und das Zelt gestapelt hatten, dann wurde es richtig eng im Auto; zum Glück waren unsere beiden portugiesischen Mitfahrerinnen wie viele ihrer Landsleute klein und schlank, was man von mir und meinem Beifahrer R. nicht behaupten konnte.
Zurück zur Geschichte.
1928 bis 1974 war Portugal eine Diktatur.
Bis 1968 hiess der Diktator António de Oliveira Salazar, dann kippte er mit einem Schlaganfall aus seinem Liegestuhl und wurde durch seinen Vertrauten Marcelo Caetano ersetzt; bis auf ein paar Scheinreformen ging alles so weiter wie bisher.
1974 hatte Caetano dann nicht nur die Linke und die Gewerkschaften gegen sich, sondern auch große Teile des Militärs, die es müde waren, vor allem in Afrika (Angola, Mosambik, Guinea-Bissau und Kap Verde) einen verlustreichen Kolonialkrieg zu führen. So erfolgte der Sturz der Diktatur zwar formal durch einen Militärputsch, aber der fand im Sinne und mit großer Unterstützung des Volkes statt. Um zu demonstrieren, dass sie nicht auf das Volk schiessen würden, steckten die Soldaten Nelken in ihre Gewehrläufe - daher der Name Nelkenrevolution.
Das Signal zum Aufstand erfolgte in den frühen Morgenstunden des 25. April 1974 mit dem dreifachen Abspielen - und zusätzlichen Verlesen des Textes - des bis dahin verbotenen Liedes Grandola vila morena
Als wir 1977 mit unserem vollgestopften VW-Käfer die spanisch-portugiesische Grenze passierten, war die Nelkenrevolution schon drei Jahre her. Damals war das noch eine richtige Grenze mit Passkontrollen auf beiden Seiten (ja, richtig mit Reisepass und Stempel rein !), wobei die Portugiesen das lockerer sahen als die Spanier: Die Guarda Civil hatte ein Häuschen, wo man seinen Pass hinbringen musste und gestempelt bekam bzw. gelegentlich kontrolliert wurde - die Portugiesen hatten einen Tisch auf die Straße gestellt, liessen sich die Pässe aus dem Auto heraus anreichen, hauten die Stempel rein, und weiter ging's.
1986 -inzwischen waren beide Länder in der EU- reichte der Personalausweis, und man bekam seinen Pass nur noch auf Wunsch gestempelt.
Irgendwann in den 90ern wurden die Grenzen innerhalb der iberischen Halbinsel abgeschafft, man konnte einfach durchfahren, und 1997 waren viele Postenhäuser der früher so gefürchteten Guarda Civil schon im Zerfall begriffen, andere mutierten zu Kneipen oder zu inoffiziellen Jugendtreffs.