Kronstadt
Brasso (rum. Brașov, deutsch Kronstadt) ist die ungarische Bezeichnung dieser Stadt am südöstlichsten Zipfel des ehemaligen Königreichs Ungarn.
Rathausplatz mit Blick auf die Zinne
Kronstadt wurde im 13. Jahrhundert von den Ritterbrüdern des Deutschen Ordens als südöstlichste deutsche Stadt in Siebenbürgen unter dem Namen "Corona" gegründet.
1225 mussten die Deutschordensritter ihre Komturei Kronstadt verlassen.
Über Jahrhunderte war Kronstadt das kulturelle, geistige und religiöse Zentrum der "Siebenbürger Sachsen",
die seit dem 12. Jahrhundert auf Einladung des ungarischen Königs in der Region siedelten und bis ins 19. Jahrhundert hinein
die Bevölkerungsmehrheit in der Stadt bildeten.
Durch den Vertrag von Trianon musste Brasso 1920 an Rumänien abgetreten werden.
In der Zeit von 1951 bis 1961 hatte die Stadt den Namen "Orasul Stalin" (Stalinstadt).
Bereits 1987, zwei Jahre vor dem Wendejahr 1989, gehörte Brasso zu den ersten Städten Rumäniens,
in denen sich Arbeiter gegen die Ceausescu-Diktatur erhoben.
Viele Teilnehmer dieses Aufstandes blieben nach den Verhaftungen verschollen.
Heute hat Brasso knapp 300000 Einwohner.
Am Beginn des 20. Jahrhunderts war die Bevölkerung noch etwa zu je einem Drittel deutsch-, ungarisch- und rumänischsprachig.
Heute gibt es noch einen kleinen Anteil der ungarisch spricht.
Die deutsche Bevölkerung ist, hervorgerufen durch Vertreibung und Auswanderung vor und nach der Wende, inzwischen fast völlig verschwunden.
Mein Besuch dieser Stadt im Jahre 2007 war leider viel zu kurz.
Es reichte gerade für einen Spaziergang im Stadtzentrum, dessen Bild vom alten Rathaus…
… und der schwarzen Kirche beherrscht wird.
Biserica Adormirea Maicii Domnului
Das obere Bild zeigt eine orthodoxe Kirche am Rathausplatz und das untere Bild zeigt den „weißen Turm“ (Turnul Alb) vom Rathausplatz gesehen.
Die Schwarze Kirche ist die Pfarrkirche der Kronstädter Honterusgemeinde der Evangelischen Kirche in Rumänien.
Sie heißt "Schwarze Kirche", weil sie beim großen Stadtbrand von 1689 abbrannte und lange Zeit als brandgeschwärzte Ruine dastand.
Der ursprünglich nur volkstümliche Name setzte sich in unserem Jahrhundert auch als offizielle Bezeichnung des Bauwerkes durch.
Da Kronstadt an der äußersten südöstlichen Grenze des Abendlandes und damit des Einflussgebietes der katholischen Kirche gelegen war,
versuchten deren Vertreter durch die Errichtung eines großen katholischen Gotteshauses die zahlreichen Fremden, die herkamen,
zusätzlich zu beeindrucken und für die katholische Religion zu gewinnen.
Der Mann, der diese Vision ganz besonders hatte, war der Plebanus (Stadtpfarrer) Thomas Sander, der von 1377 - 1419 in Kronstadt wirkte
und der "vornehmlichste Anfänger des Baues sowohl des Chores als auch der Kirche" war.
In der Amtszeit von Thomas Sander begann im Jahre 1383 der Bau der, der Heiligen Jungfrau Maria geweihten Kirche.
Beim Türkeneinfall von 1421 wurde die noch nicht fertige Kirche teilweise zerstört. Doch im Jahre 1477 wurden die Arbeiten an der Kirche abgeschlossen.
Zu den Stiftern für die Kronstädter Kirche gehört auch der siebenbürgische Wojwode Johannes Hunyadi, der 1444 zehn Mark Silber
aus dem königlichen Martinszins für den Bau der Pfarrkirche der Heiligen Jungfrau Maria in Kronstadt bestimmte.
Noch heute ist das Wappen der Hunyadis am Pfeiler gegenüber der Kanzel zu sehen.
Der Sohn von Johannes Hunyadi, der große ungarische König Matthias Corvinus (1458-1490), ist der Stifter der Wandmalerei über dem Südportal,
wo sein Wappen, sowie das seiner Frau Beatrix von Aragonien - die er 1476 geheiratet hatte - zu sehen sind.
Im Zuge der Durchführung der Reformation in Siebenbürgen wurde im Oktober 1542 der erste evangelische Gottesdienst in deutscher Sprache in der Kirche abgehalten.
Als im Frühjahr 1544 der große Schulmann und Humanist Johannes Honterus (1498 - 1549) zum ersten evangelischen Stadtpfarrer gewählt wurde,
entfernte man aus der Kirche die Bilder und Altäre, die bis dahin für den katholischen Gottesdienst gedient hatten.
Von diesem siebenbürgischen Reformator und Freund Martin Luthers wurde auch das Johannes Honterus Lyzeum, direkt an der schwarzen Kirche, gegründet.
Heute ist es ein rumänisches Gymnasium, an dem vielleicht noch 10% "Sachsen" gemeinsam mit ihren rumänischen Schulkollegen in deutscher Sprache unterrichtet werden.
Geschichte wird hier als 'Weltgeschichte' nach dem rumänischen Lehrplan unterrichtet, aber wen wundert es bei der langen Tradition der Schule
und der Verbundenheit mit der deutschen Sprache, dass alle Schülerinnen und Schüler Deutschland ein besonderes Interesse gegenüber hegen,
so dass auch im Fach Geschichte, die Deutschlands eine größere Rolle spielt.
Die "Superlativen" der schwarzen Kirche, die ihre Bedeutung wohl am ehesten unterstreichen, sind kurz folgende:
1. Die Schwarze Kirche ist das größte Kultgebäude Rumäniens (rund 90 m lang, 25 - 37 m breit, Mauerhöhe 21 m, Dachfirst 42 m, Turmhöhe beim Kreuz 65 m).
Sie ist die größte spätgotische Hallenkirche östlich von Wien und einer der größten Kultbauten zwischen dem Stephansdom und der Hagia Sophia in Konstantinopel.
2. Die Schwarze Kirche besitzt die größte mechanische Orgel Rumäniens (rund 4000 Pfeifen, vier Manuale und Pedal, 76 Register) mit einem besonders schönen Klang und einer guten Akustik.
3. Die Schwarze Kirche besitzt die größte Sammlung alter orientalischer Teppiche aus Kleinasien in Rumänien und in Europa außerhalb der Türkei.
4. Die Schwarze Kirche besitzt die größte schwingende Glocke Rumäniens (rund 6300 kg).
(Die Glocke der orthodoxen Patriarchie in Bukarest ist größer, aber sie hängt starr und nur der Klöppel wird bewegt).
Da ich in der Kirche nicht fotografieren durfte, habe ich ein paar Bilder aus einem Prospekt kopiert.
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Blick zur Orgel…………………………………….Blick zum Altar
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der Altar…………………………………….die Kanzel
Im Laufe des 16. und des 17. Jahrhunderts erschütterten zahlreiche Erdbeben die schwarze Kirche und fügten ihr kleinere Beschädigungen zu, die durch Reparaturen beseitigt wurden.
Während der großen Pestepidemie von 1602 - 1603 wurden mehrere hundert Tote in der Kirche begraben.
Beim großen Stadtbrand am 21. April 1689 brannte auch die Kirche ab. Einzig das Taufbecken von 1472 und der Kirchenschatz in der Sakristei wurden vom Feuer verschont.
Es wurde ein Notdach errichtet, neue Glocken gegossen und 1691 der erste Gottesdienst gehalten.
In den Jahren 1693 - 1694 wurde ein neues Kirchendach errichtet, 1696 die Kanzel und das Ratsgestühl, 1700 die Chorgestühle neu gemacht.
In den Jahren 1710 - 1714 wurden die Emporen in den Seitenschiffen erbaut, 1729 begann der Bau der Säulen für das Chorgewölbe, in den Jahren 1762 - 1772 wurde die Kirche neu gewölbt.
1836 - 1839 fertigte die Berliner Firma Buchholz die gewaltige Orgel. Sie gilt heute als die einzige Buchholz-Orgel in originalgetreuem Zustand.
In den Jahren 1865 - 1866 wurde ein neuer Altar errichtet, dazu neue Chorgestühle und Treppentürmchen für den Aufgang auf die Emporen.
In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg wurden mit Hilfe des ungarischen Staates Restaurierungsarbeiten begonnen, die aber durch den Weltkrieg unterbrochen wurden.
Im Jahre 1923 wurde die Orgelempore erweitert und von 1924 - 1925 das Chorgewölbe gesichert. In den Jahren 1935 - 1936 wurden die verwitterten Fialen der Chorstrebepfeiler ersetzt.
Im Jahre 1937 wurde die Aktion "Für unsere Schwarze Kirche" gegründet, die bis 1944 eifrig an der Restaurierung, vor allem des Chores, arbeitete.
Im Jahre 1937 wurde durch eine großzügige Spende des Kirchenvaters Samuel Schiel die Warmluftheizung der Kirche eingeführt, dazu neue Bänke im Mittelschiff aufgestellt, später die Sakristei neu gestaltet.
In den Jahren 1969-1977 wurden durch die staatliche Direktion für Baudenkmäler große Renovierungsarbeiten begonnen, dabei das Dach und die Südfassade restauriert.
Zwischen 1981 und 1984 wurde mit ausländischer Hilfe - vor allem von der Evangelischen Kirche des Rheinlandes - der Innenraum wieder hergestellt.
Seit 1987 werden die Restaurierungen an der Nordseite, an der Westfassade und am Turm weitergeführt und dauern noch an.
Deshalb ist ein Teil des Äußeren der Kirche als Baustelle dem allgemeinen Besuch nicht zugänglich.
Auf dem Kirchturm befinden sich jetzt drei Glocken. Die große Glocke, der Stolz der Kronstädter, ist rund 6300 kg schwer und wurde 1858 vom Klausenburger Glockengießer Andraschowski gegossen.
barockes Gestühl mit Teppichen…………………………………….Gestühl der Schreinerzunft
Das Innere der schwarzen Kirche ist für eine evangelische Kirche ziemlich ungewohnt. Interessant ist die Ausstattung mit Zunftbänken an den Seiten und den von den Emporen hängenden orientalischen Teppichen.
Diese Teppiche wurden von Zünften, Händlern und Bürgern der Kirche geschenkt.
Die Beschriftungen auf dem Gestühl und den Bildern sind meist in deutscher Sprache, wie "Die zehn Tugenden" zeigen.
Das Bild ist ausnahmsweise mit einem größeren Bild hinterlegt um die Beschriftung auf den Tafeln noch lesen zu können.
Beim nächsten Besuch dieser schönen Stadt am Rande der Karpaten muss ich mir mehr Zeit nehmen. Es gibt noch so viel zu sehen.
Nicht nur das in der Nähe liegende Schloss Bran oder Türzburg (Törcsvár), die offizielle Dracula-Burg, obwohl er dort nie gelebt hat. Mal sehen ob es dieses Jahr klappt.
Eine Schwester meines Schwiegervaters und noch andere Verwandte warten auf unseren Besuch.
Außerdem liegen in Brasso die Wurzeln meiner Ehe!
Wer noch mehr über Kronstadt erfahren möchte, hier ein Link zur HP der Heimatortgemeinschaft Kronstadt
waldi