Liebe Foris,
heute wage ich mich mal an ein lange aufgeschobenes Experiment.
Anlass dafür waren insbes. die herrlichen Berichte von Olifan und zuletzt Sylvi mit ihrer Berichterstattung von Istanbul.
Nun habe ich mir mal einen Scanner für mich gekauft und hier erlebt er die Feuertaufe.
Es gibt folgende Probleme
-die Dia sind von meiner ersten Reise in die weite Welt, lach, mit 18 Jahren, also 1962
-die Dia sind noch in der „Urverpackung“ , also in Gläser eingerahmt, demgemäß mit riesigen Kratzspuren und Newtonschen Ringen versehen
-da die Reise doch ein Leben zurück liegt, und ich von damals keinerlei Aufzeichnungen mehr habe, war es mir relativ erschwert, die Bilder zu zuordnen.
An der weiteren Bildbearbeitung führte aber manchmal kein Weg vorbei, u.U. ist dies ersichtlich.(kein Profi).
Und zugegeben, manchmal habe ich trotz aufwendigster Einstellung des Scanners , Densitometer (Messung der Farbdichte), Histogramm, Graduationskorrektur , Infrarot Staub u. Kratzerentfernung
usw. zum Clone Stempel greifen müssen. Das alles halt im Rahmen, denn sonst käme ein Bild auf einen halben Tag, hihi
Lösungen:
Ich meine, so eine Reise um 1962 gibt doch ein herrliches Gesamtbild ab, und lässt Rückschlüsse zu, wie sich die Welt damals drehte.
Insbesondere kann man z.B. auch noch die Fähre sehen, die ja jetzt durch die Brücke von Istanbul zum asiatischen Teil Üsküdar nicht mehr notwendig ist. Also sehenswerte Unterschiede.
Berücksichtigen kann ich auch die Hilfe von unseren weitgereisten Foris, die sicher , sofern Unsicherheit mit der Zuordnung der Bilder besteht, ich geb mir größte Mühe, dass dies nicht zutrifft, mit Rat einschreiten.
Diese Bilder sind sozusagen die Generalprobe, ob sich der Scanner bewährt.
Also nochmal, wenn das eine oder andere Bild nicht die heute gewünschte Qualität erreicht, bitte Nachsicht. Und dass sich nicht Bild an Bild reiht, sondern Geschichtlein eingebracht sind, ist sicher auch verständlich.
Und los geht es: (nehmt euch trotzdem ein bisschen Zeit).
1962 also, mein damaliger Chef im Vollstreckungsgericht meinte, ich solle doch mit Höltl Reisen,
das sind die oft verpönten und belachten „Starenhäuschen“ im Omnibus (ihr werdet ein Bild sehen), die Welt erkunden.
Aber gemach Leute, diese Weltreisen ,die dieser Unternehmer anbietet (ich war damit auch in ganz Amerika, siehe meine Bilder zum Thread New York) werden auch heute noch von einer Unmenge von Personen, hauptsächlich naturgemäß wegen der langen Reisen vom Lehrkörper belegt.
Welche weltgewandten Leute da mitfahren , mit enormen Sprachkenntnissen, das kann nicht nur einen jungen Mann begeistern. Zugegeben , es ist nicht jedermanns Sache und ich mache hier keine!! Werbung damit, aber wenn man sich nach ca. 3 Tagen daran gewöhnt hat, ist man heilfroh, dass man seine eigene Koje hat. Insbes. natürlich auch auf den Weltreisen, z.B. im tiefsten Urwald , in Wüsten usw., da kommt diese Art des Reisens zu gute. Zumal sie im Preis unschlagbar im Kosten-Nutzen Verhältnis sind.
Soviel zur Einführung, damit sich nicht jeder gleich schlapp lacht., wenn er den Bus sieht. Und ich bin mir sicher, dass einige ihn schon gesehen haben im Ausland, denn die Anhänger darf er eben nur da mitnehmen.
Wir fuhren also an die österreichische Grenze über Graz nach Spielfeld und (eine Eigenart dieser Reisen ) übernachteten auf einem Campingplatz, da der Bus für Selbstversorgung gut ist.
Nach einer damaligen „Grundversorgung“ durch den für einen 18 Jährigen (man war ja schon Mann) üblichen Hochleistungsrotwein für 2,-DM , Erinnerung verblasst, also um den Preis rum, fuhren wir am nächsten Morgen um 7 Uhr früh Richtung Belgrad weiter. (Aufstehen war immer um 6 Uhr angesagt, danach Busabhängiges Selbstversorger Frühstück).
Unglaubliche Eindrücke für einen jungen Mann reihten sich aneinander. Bis auf 2 Ausnahmen, so habe ich es in Erinnerung, war es eine ausgewogene Reisegesellschaft .
Natürlich hatte man damals noch nicht so den Blick für alle Naturschönheiten, aber persönliche Eindrücke gab es dann doch zu hauf. Z.B. den, dass es kurz vor Belgrad auf der damaligen „Autobahn“, es war eine Schnellstr. für heutige Verhältnisse, gehörig gehagelt hat.
Aus heutiger Sicht hätte ich wohl an die 400 Aufnahmen, lach.
Dann trafen wir in Belgrad ein. Imposant für mich damals das serbische Regierungsgebäude, heute das Parlamentsgebäude .
Seinerzeit , ich hab das irgendwo schon mal erwähnt, deshalb in aller Kürze, waren wir Abends in einem Lokal. Da war einer, der spielte mit der Gitarre , setzte sich zu uns und es war recht aufgeräumt das Ganze. Bis ein paar Schlapphüte kamen und ihn mitnahmen. Fraternisierung nannte man das wohl.
Das war schon mal ein Schock, für einen der alle Freiheiten hatte .
Weiter ging die Reise über Nis nach Skopje.
Nicht ohne den von der Reiseleitung angepriesenen Backofen (angeblich im kleinen Häuschen) zu fotografieren, war ja wohl für uns ein Erlebnis, der gegenüber zum Bäcker ging.
Interessant ist das schon, dass man , wenn man von etwas begeistert ist,, und das war ja wohl die erste Reise, dass man sich noch einiges merken kann.
O.k. von Nis hatte ich kein Foto, was bedauerlich war, aber mein erstes Erlebnis , auf einem grausamen Campingplatz ein Stehklo zu sehen, und vor allem in dem Zustand, war meines Erachtens schon damals nicht sehenswert.
So was merkt man sich, ebenso wie ich von Einheimischen Jungs sofort auf das Wichtigste Wort (nach deren Meinung) für persönlichen tieferen weiblichen Kontakt hin gewiesen wurde. Immerhin, man behält sich das als Junge. Lach
Schließlich kamen wir in Skopje an. Und- ich hab es auch schon mal wo erwähnt, es war also ein einziges Jahr vor dem 1963 ( da hab ich jetzt nachsehen müssen) in dieser Stadt gewüteten Erdbeben. Nicht auszudenken.
Hier ein paar Eindrücke , die unglaublich waren für mich (kannte ich doch nur den Viktualienmarkt in München, mit seinen Obstständen und der Münchner Metzgermeile).
Weiter peilten wir unser Ziel in Thessaloniki an.
Irgendwo, ich weiß es nicht mehr, hatten wir die für mich damals ungewohnten Bilder vor uns.
Bettelnde Kinder, verdörrte Macchia und wenn mich nicht alles täuscht auch Weizenernte.
So schnell kann man als 18 jähriger lernen.
Schließlich passierten wir die griechische Grenze und ganz toll, wir mussten ungefähr so einen halben Tag warten, warum weiß ich bis heute noch nicht.
Hier der Bus, hinten war die Küche, seitwärts in Fahrtrichtung rechts täglich ein Aufbau mit Gang und Überdachung anzulegen
Interessant waren ja da an der mazedonisch/ griechischen Grenze(hoffe das stimmt noch) die Wachsoldaten.
Auf in Richtung Thessaloniki mit dem weißen Turm.
Vorher noch irgendwo parallel zur Via Appia . Überhaupt bei diesem Stichwort sei gesagt, es war eine derart kompetente Reiseleitung und in Verbindung mit den Bildern konnte man sich das wirklich merken.
Am nächsten Halt hatte ich schwer zu beißen, denn man hat das überzeugend ausgesagt, aber dass das das Grab von Apostel Philippi sei, daran hatte ich so meine Zweifel. Bin halt skeptisch mit so touristischen Sehenswürdigkeiten. Aber seht selbst.
Gut , dann kam für mich persönlich ein Höhepunkt , leider in der Hektik nicht fotografisch festgehalten.
Ich erinnere mich noch genau, auch das war schon damals ein Hinweis wie in der südl. Hemisphäre mit kleinen Patzern umgegangen wird.
Unser äußerst zuverlässiger Busfahrer, hatte vor Thessaloniki auf einem Campingplatz den Anhänger abgehängt. Zweck war, in der Innenstadt den weißen Turm usw. zu besichtigen. Bildmitte
Und wir sahen auch bei einem Spaziergang den armen Bären (war für mich damals schon nicht lustig)
Bei der Heimfahrt „verfranste“ sich der Busfahrer, als er uns einen Markt zeigen wollte. Also hinein in engste Straßen, bis (damals ohne Navi, lach) dann plötzlich Schluss war. Der Riesenbus musste wenden. Das ging einige Zeit gut, aber letztlich vor dem Abschluss touchierte er einen Paprikastand (oder was anderes).
Hui, da kam südl. Begeisterung auf. Auf einen Schlag waren wir von rd. , ich lüge nicht , 50 Personen mindestens, umringt. Ich kürze es ab, es war nur das Obst am Boden, die alten Latten der Obstbehälter waren natürlich hinüber,
und jetzt sah wohl jeder seine Stunde gekommen kräftig abzukassieren, weil schier der ganze Markt in Grund und Boden gefahren war.
Die Reiseleiterin mitten drin, behielt Ruhe und zahlte und weg waren wir. Schön , dass man mit 18 schon frühzeitig weiß, wie die LEUTE tickten.
Weiter ging es am Meer entlang bis wir in Kavala (hab nachgesehen) eintrafen. Grund: Man machte einen Abstecher auf die Insel Thasos.
Nun, bevor wir nach Kavala , wir sagten mit Fug und Recht Kravalla, kamen, war ein Halt am Meer vorgesehen, hier (bearbeitet wegen Newt. Ringe, sorry).
Das Bild sagt ja eigentlich nichts aus, obwohl für einen 18 jährigen das Meer schon was Besonderes war. (ich glaube ich war da noch nicht mal in Italien).
Aber- ein bleibendes Erlebnis. Wir waren drei junge Männer, die bei solchen Gelegenheiten den Fußball traktierten. Kennt jeder.
Und da passierte es, auf dem Pflasterweg im Vordergrund stand bei einer beabsichtigten Flanke von mir ein Stein heraus. Ergebnis:
Ich trennte mir am scharfen Stein die Fußsohle auf 3 cm , aber immerhin noch klappbar , ab.
Tja, ab zum Arzt, Tetanusspritze , Säuberung und weiter ging`s. Hat mich auf meiner insgesamt 3 wöchigen Reise doch 1 Woche schwer und später leichter behindert.
Aber der Schmerz hält sich doch in Grenzen, wenn man solche Eindrücke erlebt.
Kavala also, es war halt das ganze mediterrane Treiben für uns ungewohnt und gleich am Abend gab es für uns Junge ein Nachtbad, aber kein Nacktbad. Warum nicht. Leider verstanden wir das Gefuchtel einiger Einheimischer nicht und so kam , was kommen musste, wir wurden von Quallen frontal angegriffen.
Meine Güte, das war ein Zirkus.
Wir wurden sofort mit Zitronen beträufelt und bestrichen , das linderte schon mal , aber haben möchte ich das nicht mehr.
Und so ging es am nächsten Tag auf die Insel Thasos. (all die Ausflüge , auch Eintritte waren inklusive!) Die Reise kostete damals 350.-DM, immerhin bei einem Monatslohn von 450.-DM.
Das war ja herrlich und da habe ich dann einen Bock geschossen. Man stelle sich vor, es waren Tischreihen von rd. 20 m aufgestellt. Über jeder Tischreihe rankten sich links, rechts und oben von Längs- und Querbalken Weinreben hinauf und hinüber.
Plötzlich begann es zu regen, und der Junge Mann mit 18 hatte die überragende Idee, große Plastiktischdecken mit Hilfe der anderen Jungen über die Querbalken zu legen.
Ging einige Zeit gut , man war sogar zeitweilig stolz, dann kamen die Gesetze der Schwerkraft zu Tage und das Zeug, gefüllt mit „Wasserbomben“ kam auf das Geschirr herunter.
Puhh, die Reiseleiterin war wieder gefragt. Duck
Lange Zeit war dann von uns nichts mehr zu hören und wir konzentrierten uns alle 3 auf die Weiterfahrt.
Und was sich da für eine Welt für uns eröffnete, nicht vergleichbar und auch sicher heute noch so, mit unseren heimatlichen Empfindungen.
Zunächst kamen wir 30km außerhalb vom Zentrum in Istanbul an unseren mehrtägigen Campingplatz , Florya an.
Die Eindrücke waren so umwerfend, dass ich erst Abends mal den Foto zückte.
Und jetzt hinein ins orientalische Getümmel. Ich kann das gar nicht anders erklären, als dass wir aus dem Staunen nicht herauskamen. Diese für uns ach so fremde, hektische , pulsierende Welt mit seinen Farben, ungewohntem Lärm und nicht gewohnten Gerüchen , seinen kulturellen Schätzen , seiner uns erzählten Geschichte, das musste erst verarbeitet werden. Ein Grund mehr, schnell Erwachsen zu werden, sich aber die jugendliche Ungezwungenheit bei zu behalten.
Ich bin der festen Meinung, es ist nicht zu weit hergeholt, dass dies schon ein Stück Schule fürs Leben war, zumindest sich schon der Kulanzbogen gefestigt hat. Vielleicht fällt mir deshalb, weil bleibend, auch wieder einiges ein.
Es war ein Riesenprogramm , das angeboten wurde.
U.A. natürlich in Erinnerung die überdachten Märkte, die Stadtbesichtigung mit Hagia Sophia, damals noch kein Museum, die Süleyman Moschee, den von Wilhelm den II gestifteten Brunnen, die ägyptische Säule und und und, die Fahrt auf dem Bosporus, der Besuch der Prinzen Inseln und der Flug nach Bursa. Interessant war auch der Besuch einer riesigen Zysterne.
Beobachtet wurde auch der im „geordneten Chaos“ verlaufende Verkehr mit seinen irren , aber wendigen ( in jeder Hinsicht) Taxifahrern.
Eine Fahrt ging hinaus auf den Bosporus.
Wenn ich mich recht erinnere , waren links und rechts die wehrhaften Mauern der Rumeli Burgen oder Festung.
An den Ufern gab es viele Gelegenheiten zu flanieren.
Zwischendurch wurden einige havarierte Schiffe angetroffen, ob die heute noch dort liegen?
Fischerdörfer wie das hier
Schiffsbetrieb
Die Breite des Bosporus ( bis dahin kannte ich nur die Isar)
Und schließlich noch der ehem. Sperr u. Minengürtel ,der die Zufahrt damals aus dem Schwarzen Meer verhindern sollte. Bei uns wurde schon geöffnet.
Soweit ich mich äußerst schwach erinnere , hing das tatsächlich noch mit dem Versailler Vertrag und der Angst vor dem Bolschewismus zusammen. Später hatte man Angst , dass da ein paar Atom U-Boote aus dem Schwarzen Meer ins Mittelmeer rutschen, glaube ich.
Da oben machten wir dann aber einen Abstecher nach Kilyos am Schwarzen Meer
Zurück folgte ein Ausflug in der Nähe der Galata- und Atatürk Brücken zu den Prinzen Inseln.
Das war praktisch die Sommer Residenz der reichen Istanbuler. Damals Autofrei und ca. 20-25 km entfernt vom Stadtkern. Man kam in eine andere Welt.
Abfahrt mit Blick auf die Süleymann Moschee ( 2 Minarette sind verdeckt)
Geschäftiges Treiben am Seitenarm des Bosporus
Bis zur Ankunft bei den Inseln
Übrigens hier links die Süleyman Moschee und rechts die Hagia Sophia gut sichtbar
Und schließlich damals das einzige Verkehrsmittel
Im Nachhinein ist es für mich schon interessant , dass ich hauptsächlich die mir damals unbekannten Schiffahrtsstr. fotografiert habe.
Zur besseren Ansicht gibt es einen 2. Teil der noch Bilder von Istanbul beinhaltet, sowie einen Flug nach Bursa und ein paar Ansichten der Rückreise durch Bulgarien.
Euer
Wallbergler