Vor vielen Jahren fielen mir auf einer Fahrt von Imotski in Kroatien nach Mostar riesige Steinquader am Straßenrand auf - aber ich beachtete sie nicht und vergaß sie wieder.
Vor 4 Jahren entdeckte ich im Norden von Montenegro, in Pljevla mitten in der Stadt einen ähnlichen Quader mit schönen Ornamenten und begann mich dafür zu interessieren.
Es sind Grabmäler der Bogomilen (Stećci ) ,meist mehr als 500 Jahre alt.
Bogumilenstein in Pljevla (MNE)
Die Bogumilen gibt es heute nicht mehr.
Es war keine ethnische Gruppe, sondern ein religiöse Bewegung, deren Wurzeln bis ins 3. nachchristliche Jahrhundert zurückgeht. Heute würde man sie wohl als Sekte bezeichnen.
Ihre Überzeugungen standen in Vielem im Widerspruch zum damaligen Christentum. Die Bogomilen (auch Bogumilen) lehnten die hierarchischen Strukturen der prunkvollen byzantinischen Kirche ab . Ihre Forderung auf Verzicht von Macht und Prunk glich einer sozial-religiösen Protestbewegung , was Verfolgung und Vertreibungen mit sich brachte.
Der Höhepunkt der Verbreitung ihrer Lehre war zwischen dem 10. und 15. Jahrhundert- danach verschwanden sie, bzw ging diese Glaubensrichtung unter , vermutlich wegen Übertritt zum Islam.
Eine sehr gute und ausführliche Infoquelle über die Bogomilen ist hier zu finden:
https://suite101.de/article/bosnie…6#ixzz21AJ2QwAS
oder hier
https://www.wehrgeschichte-salzburg.at/Bosnien+Bog.htm
Es gibt nur wenige Zeugnisse von ihnen- die einzigen sind die Bogumilensteine, die Stećci ( Einzahl: Stećak) die in vielen Regionen des Balkans verbreitet zu finden sind. Es soll noch mehr als 50 000 geben.
Die truhenartigen Quader sind nicht hohl und beherbergen keine Gebeine. Manche von ihnen zeigen teilweise noch gut zu erkennende Ornamente, Jagdszenen, Ritter mit Schwertern, Tanzszenen und Schlangenmotive an den Seiten auf.
Ein großes Feld mit solchen Bogumilensteine gibt es in Bosnien und Herzgowina in Radimlja, in der Nähe von Stolac, südöstlich Mostar.
Die Steine haben unterschiedliche Formen, die auch noch regionale Unterschiede aufweisen.
Quelle:
https://www.wehrgeschichte-salzburg.at/Bosnien+Bog.htm
Bilder von Radimlja vom Sommer 2012
Zitat aus https://www.wehrgeschichte-salzburg.at/Bosnien+Bog.htm
"Zum Teil sind die Steine schmucklos und ohne jede Verzierung, viele aber weisen eine künstlerische Bearbeitung auf, die durch Vielfalt und Formenreichtum beeindruckt. Sie umfassen:
-Geometrische Muster, die vom einfachen Bandornament bis zu Architekturdarstellungen
wie Rund- und Spitzbögen, Arkaden, stilisierten Schindeldächern usw. reichen.
-Symbolische Zeichen wie Kreis, Rosette, Sonne, Halbmond, Kreuz, Swastika
oder Spiralmotiv,
- Pflanzliche Motive aus Ranken, Palmetten, Trauben, Lilien oder Bäumen.
- Tiermotive in Einzeldarstellungen ebenso wie in Jagdszenen.
- Menschliche Figuren als Einzelgestalten oder als Paar bzw. Familie,
kirchliche Würdenträger mit Krummstab und Buch, Betende, Krieger, Jäger
und Turnierreiter.
-Sehr verbreitet sind Reigendarstellungen, die in Zusammenhang
mit dem altslawischen Kolotanz gebracht werden."
Bildquelle s. https://www.wehrgeschichte-salzburg.at/Bosnien+Bog.htm
Stecci in Radimlja
Inschrift in altbosnischer Sprache und altkyrillischer Schrift, der sogenannten "bosancica"
Im Sommer 2013 waren wir ein paar Tage im Hochland des Durmitor bei Zabljak in Montenegro.
Auf einer Karte entdeckten wir abseits der Hauptstraße in der Nähe eines kleinen Sees den Hinweis auf " Grčko groblje". Es ist eine Bezeichnung, die die Einheimischen verwenden.
Das machte uns neugierig und wir machten uns auf die Suche.
Was wir fanden, hat allerdings nicht mit "griechisch " zu tun.
Der See "Riblje Jezero" auf einer weiten , kaum besiedelten und sehr unberührt wirkenden Hochebene.
Es war eine Landschaft, die mich sehr faszinierte - sie erinnerte mich fast ein wenig an das Hochland von Tibet.
Und nur wenige Meter neben dem See auf einer Anhöhe entdeckten wir die ersten Stećci.
Teilweise umgefallen, verwittert, halb im Boden versunken...
Nur einen Kilometer weiter die nächsten- achtlos neben der schmalen Straße, man musste genau hinsehen, um zu erkennen, welch kultureller Schatz dort lag. Ungesichert, ohne Hinweisschild...
Auf der Rückfahrt nach Zabljak
Man könnte von Zabljak aus diese Rundreise mit guter Kondition in rd 1450m Höhe durchaus mit dem Fahrrad unternehmen. Wir haben diese Kondition nicht und fuhren die rund 40 km mit unserem kleinen Motorrad.
Hier die Strecke mit GPS und Höhenangaben ( aufgezeichnet mit einem GPS Tracker)
Dieser Tag im Hochland bei Zabljak und unsere Begegnung mit den Zeugnissen einer wenig bekannten und fast vergessenen Kultur, die wir in dieser einsamen Gegend mitten in Europa entdeckt hatten, gehörten für mich zu den Höhepunkten unserer Sommerreise 2013.
Elke