El Rocio liegt am nordwestlichen Rand des Naturschutzgebiets Coto de Donana in der Provinz Huelva. Das Besondere an diesem Wallfahrtsort ist die Tatsache, daß hier alle Straßen im Ort nicht geteert sind. El Rocio ist komplett auf Sand gebaut. Folglich sind auch die Straßen im Ort lediglich Sandpisten. Auf denen fährt man jedoch auch mit dem Auto oder Nutzfahrzeugen.
Die Reihenhäuser links im Bild dürften im Eigentum wohlhabender Familien stehen. Solche aus ganz Spanien leisten sich hier eine Ferienwohnung oder ein Ferienhaus. Mancher mag denken, wieso das denn? Hier am Ende der Welt knapp 20 km vom Badeort Matalascanas entfernt wo doch hunderte von Ferienhäusern und Wohnungen für die Freunde des Meeres außerhalb der Saison leerstehen?
Und doch gibt es etwas, was Spanier gerade hierher nach El Rocio zieht. Es ist zum einen die Wallfahrt zur Nuestra Senora del Rocio, auch Paloma Blanca oder Clavel de las Marismas genannt. Dabei handelt es sich um eine Muttergottesfigur in der örtlichen Wallfahrtskirche.
Nicht nur die in jedem Jahr kommerziell organisierte Wallfahrt an Pfingsten mit etwa einer Million Besucher ist es, was Menschen nach El Rocio zieht sondern die Liebe zum Pferd. Man reitet, fährt mit Kutschen und bindet das Pferd wie im Wilden Westen am Zaun vor dem eigenen Haus fest.
Pferdesport und Asphaltstraßen verträgt sich nun mal nicht. So leben nicht einmal 2000 ständige Einwohner hier mit im Hochsommer staubtrockenen und im Winter oft überschwemmten Straßen.
Bei unserem Besuch im November war der Ort fast ausgestorben. Die meisten Häuser stehen jetzt leer weil sie nur als Zweitwohnsitz genutzt werden. Der Zweitwohnsitz in El Rocio dient aber nicht nur dazu, um an der jährlichen Wallfahrt teilnehmen oder das Haus in dieser Zeit extrem teuer vermieten zu können, sondern für den Familienclan als Unterkunft, um dem Alltag zu entfliehen. Die Jugend fährt übers Wochenende hierher um Partys zu feiern oder mit der Gespielin alleine zu sein. Manch frustrierter Ehemann nutzt die Unterkunft zur Übernachtung bei einer "Geschäftsreise" usw. Was die Senora inszwischen zuhause so alles macht, steht auf einem anderen Blatt Papier.
In El Rocio findet man maximal dreigeschossige Häuser. Die Bausünden anderer andalusischer Feriensiedlungen haben wir hier nicht gesehen. Dazwischen mal eine Kneipe, ein Laden oder ein kleines Hotel, welches jetzt im Spätherbst geschlossen ist.
Die Wallfahrtskirche ist gerade mal 50 Jahre alt. Die Marienfigur soll aus dem 13. Jahrhundert stammen, der dazugehörige Brokatmantel und Schmuck aus dem 18. Jahrhundert. Aber wer weis das schon so genau...
Das ist nicht die Marienfigur. Diese hier befindet sich in einer Seitenkapelle.
Die hier von den Gläubigen verehrte Marienfigur steht im Zentrum des Altars.
El Rocio ist aber auch deshalb etwas Besonderes weil direkt am Ortsrand ein sumpfiger flacher See des Naturschutzgebiets vorhanden ist.
Nach ergiebigen Regenfällen wird der Sand weggeschwemmt und Baumaschinen müssen die Straßen wieder einebnen.
Pferde laufen hier frei im flachen Wasser des Sees oder auf den Inseln herum und fressen wohl Gräser.
Was diese Figur symbolisieren soll, erschloß sich mir bei unserem Besuch leider nicht.
Hier gönnen wir uns gerade einen Cafe. Unser Mietwagen war wohl an diesem Tag im November das einzige auswärtige Fahrzeug.
Zuletzt noch der link zu Wikipedia. Da kann man was über die Wallfahrt und die Bruderschaften nachlesen.
https://de.wikipedia.org/wiki/El_Roc%C3%ADo
Wir hatten bei unserem Besuch das Gefühl in Mexiko zu sein. Man muß sich eigentlich nur die Autos wegdenken. Irgendwie ist El Rocio eine ganz andere Welt. Unvorstellbar, daß hier in nur wenigen Tagen Menschenmassen bei einer mehr oder weniger religösen Großveranstaltung anwesend sind.
Dabei sind hunderte Gruppen in einer Art Planwagen unterwegs. Diese oder auch Reiter reisen oft über hunderte von Kilometern mit oder auf dem Pferd an. Das ist nicht nur eine logistische sondern auch verkehrstechnische Herausforderung weil zwar die Gegend um El Rocio herum dünn besiedelt ist, nicht jedoch jede andere Region, von wo aus die "Pilger" Tage oder Wochen zuvor starten. Diese Art der Pilgerschaft verhilft zu hohem Ansehen im sozialen Umfeld der Heimatgemeinde.
jürgen